Interprofessionelles Fallbeispiel: Patientenwillen Erkennen und Umsetzen

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Verfasst von
Peter "Doc" Moritz
Veröffentlicht am
10.11.2025
Updated am
27.11.2025
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Patientenvignette

Autonomie am Lebensende – wie du Patientenwillen wirklich respektierst

Situation:

Zwei Hausbesuche am selben Tag

Beim ersten Termin werde ich in ein Einfamilienhaus gerufen. Eine 74-jährige Patientin ist im Kreis ihrer Familie verstorben. Sie hatte sich bewusst gegen eine Fortsetzung der Dialyse entschieden. Vorausgegangen war ein deutlicher körperlicher Abbau mit zunehmender Schwäche, Sturzereignis im häuslichen Umfeld und ein unklarer Röntgenbefund am Thorax, den sie nicht weiter abklären lassen wollte. Die Angehörigen wirken gefasst, die Entscheidung war bekannt und von der Patientin selbst mehrfach bekräftigt worden.

Beim zweiten Hausbesuch treffe ich auf einen aufgewühlten Neffen. Seine Tante ist schwer dement, reagiert nicht mehr auf Personen oder Situationen und schreit häufig vor Schmerzen. Es existiert eine Patientenverfügung, die lebensverlängernde Maßnahmen ablehnt. Dennoch wird die Dialyse vom Dialyse-Zentrum in der Region weitergeführt. Der Neffe hat die rechtliche Betreuung, fühlt sich jedoch vom medizinischen Personal übergangen und emotional überfordert. Die aktuelle Schmerzsituation kann nur emotional bewältigt werden. Er wünscht die sofortige stationäre Einweisung und die Respektierung des Willens seiner Tante.

Beschwerden/ Symptome:

Dies ist eine besondere Situationsbesprechung. In beiden Situationen geht es nicht um körperliche Symptome der Betroffenen, sondern um den Umgang mit Autonomie, Würde und Entscheidungen am Lebensende. Zwei Situationen, zwei Umgangsformen.

Wie stellst du sicher, dass der Wille eines Menschen wirklich umgesetzt wird – auch dann, wenn Gefühle, Erwartungen und medizinische Abläufe dagegenstehen?

Als Fachkraft stehst du zwischen System, Angehörigen und dem mutmaßlichen Wunsch der Betroffenen. Du musst Orientierung geben, während andere Halt suchen. Gleichzeitig läuft im Hintergrund ständig die Frage mit: Was ist rechtlich erlaubt – und wo beginnt die Grenze zur Fremdbestimmung oder unterlassenen Hilfeleistung?

Genau hier entsteht die eigentliche Spannung dieses Falles: zwei Besuche, zwei Atmosphären – und jedes Mal der gleiche Kernkonflikt zwischen Autonomie und Fortführung medizinischer Maßnahmen.

Befund:

Im zweiten Hausbesuch triffst du an der Haustür auf den Neffen – deutlich aufgebracht und emotional am Limit. Er fordert, dass „sofort etwas passieren muss“. In der Küche sitzt seine Tante am Esstisch. Sie wirkt orientierungslos und erkennt weder dich noch ihn. Sie murmelt unverständliche Worte, erscheint zunächst freundlich, aber angespannt. Ohne erkennbaren Auslöser beginnt sie plötzlich schrill zu schreien.

Der Versuch einer körperlichen Untersuchung führt sofort, bereits bei leichter Berührung am rechten Arm, zu einer ausgeprägten Abwehrreaktion. Die Patientin ruft laut „Schmerz, Schmerz…“. Nach einigen Minuten zeigt sich ein anderes Muster: Die Berührung ist nun ohne erkennbare Anspannung möglich, und sanftes Streicheln des Arms wird gut toleriert. Soweit ohne Entkleiden erkennbar, finden sich keine Verletzungen oder Hämatome. Vitalwerte werden in diesem Moment nicht erhoben.

Bekannte Vorerkrankungen:

Chronische, terminale Niereninsuffizienz (beide Patientinnen)

zusätzlich

  • Bei der ersten Patientin: Mobilitätsverlust und Sturzneigung
  • Bei der zweiten Patientin: fortgeschrittene Demenz, chronische Schmerzen, arterielle Hypertonie

Medikation der 2ten Patientin

  • Antihypertensiva (z. B. Ramipril)
  • Vitamin D3

Bedarfsmedikation:

  • Sedativa bei Unruhe (Lorazepam)
  • Analgetika bei Schmerzepisoden
    • Novaminsulfon 500 mg (bei Bedarf, max. 6×täglich)
    • Behandlungsversuch mit Morphin wurde beendet

Hintergrundund soziales Umfeld:

Die erste Patientin lebte mit ihrem Ehemann zusammen, die erwachsenen Kinder wohnen in der Nähe. In den letzten Monaten hatte sie zunehmend Unterstützung im Alltag gebraucht, lehnte jedoch stationäre Betreuung ab. Die Familie war über ihre Entscheidung, die Dialyse zu beenden, informiert und hatte gelernt, ihren Wunsch zu akzeptieren. Der Tod war für sie nicht überraschend, sondern Teil eines bewussten Abschiedsprozesses.

Die zweite Patientin lebt in ihrem eigenen Haushalt und wird aufgrund der fortgeschrittenen Demenz im Alltag umfassend unterstützt. Der Neffe ist ihr rechtlicher Betreuer und zugleich die einzige konstante Bezugsperson. Ein ambulanter Pflegedienst übernimmt die Grundpflege und richtet die Medikamente.

Der Neffe organisiert alle Termine, begleitet sie zu Untersuchungen und versucht, ihren früher geäußerten Willen zu vertreten. Die Situation überfordert ihn sichtbar: Trotz bestehender Patientenverfügung wird die Dialyse weitergeführt, und er hat das Gefühl, mit seinen Aussagen nicht gehört zu werden. Wiederholt hat er im Dialysezentrum vorgesprochen und über den Hausarzt versucht, die Beendigung der Dialyse zu erreichen.

Er erlebt sich zunehmend isoliert, verunsichert und unter starkem Druck. Sein Verhalten wirkt schwankend zwischen aufbrausender Gereiztheit und dem Versuch, wieder Kontrolle zu gewinnen. Immer wieder entschuldigt er sich – sichtbar widerwillig – dafür, „so deutlich zu werden“, nur um im nächsten Moment seinen Tonfall zu rechtfertigen: Er müsse „endlich mal ernst genommen werden“, sonst höre ihm keiner zu. In seinem Auftreten mischen sich Ärger, Hilflosigkeit und das spürbare Bemühen, nicht völlig die Fassung zu verlieren.

Interdisziplinäres Case-based Lernen

Medizinische Fallbeispiele

Beim Lernen mit Fallbeispielen (case-based learning "CBL") handelt es sich um ausgewählte Fallbeispiele aus der Praxis, um dein theoretisches Wissen aus der medizinischen Lehre zu vertiefen und den Transfer in die Praxis zu üben. Interprofessionelle Überlegungen fördern das Verständnis für komplexe Patientenversorgung und Kompetenzen wie Kommunikation, Teamarbeit und patientenzentriertes Handeln. Gleichzeitig kannst Du durch die eigenständige Erarbeitung von Lösungsansätzen dein Wissen überprüfen und vertiefen.

Was bekomme ich hier?

  • Realitätsnahe Szenarien: Detaillierte Beschreibungen der Situation, Hauptbeschwerden, Hintergrund, Vorerkrankungen, Medikamente und soziales Umfeld.
  • Online-Fallbesprechung: Einige Fallbeispiele werden im Livestream besprochen. Vor dem Livestream findest du nur die Aufgaben-beschreibung und den Arbeitsauftrag. Die Besprechung wird anschließend auf YouTube verfügbar sein.

Wie nutze ich das?

  • Eigenständiges Durcharbeiten: Der größte Lernerfolg entsteht durch das eigenständige Bearbeiten der Fallbeispiele nach Arbeitsauftrag.
  • Grundlage der Zusammenarbeit: Deine Lösungen und Ideen sind ideal für eine Austauschrunde in eurer Lerngruppe.
  • Vergleich mit Lösungsvorschlag: Du kannst einen beispielhaften Lösungsvorschlag ansehen, den wir erstellt haben. Es gibt keine „richtigen“ Lösungen, da sie sich im realen Kontext ergeben.

Arbeitsschritte befolgen:

  • Erfassung der Situation, Symptome, anamnestischer Informationen und des Umfeldes.
  • Entwickle Ideen und mögliche Diagnosen. Die Bewertung der Alternativen führt zu einer Arbeitshypothese.
  • Erarbeite deine berufsspezifischen Maßnahmen zur Situation.
  • Entscheide, ob es sich um einen Notfall handelt, der sofortiges Eingreifen erfordert. Falls ja, welche Maßnahmen du bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes durchführst.

Was muss ich investieren?

  • Zeit: Plane bis zu 20 Minuten für die umfassenderen Fallstudien ein. Außerdem bist du herzlich zur Teilnahme an unseren Online-Besprechungen eingeladen.
  • Engagement: Kosten entstehen dir keine – wir bieten dir alle Materialien für die persönliche Nutzung kostenfrei an. Für Schulungsmaterialien  kontaktiere uns.

Deine Aufgabe:
Du bist nichtärztliche Fachkraftim Gesundheitswesen und begleitest einen Menschen in einer akuten oderkomplexen Situation. Erarbeite einen umfassenden und personalisiertenBehandlungsplan.

Dein Plan soll folgende Punkte beantworten:

1.     Welche Symptome zeigt der Mensch?
(Was ist beobachtbar? Was wird berichtet?)

2.     Was könnten Ursachen für die Situation sein?
(Welche Vorerkrankungen, Auslöser oder Zusammenhänge sind denkbar?)

3.     Liegt eine akute Gefährdung vor, die sofortigesHandeln erfordert?
(Wenn ja, wie erkennst du sie?)

4.     Was kannst du aus deiner Profession konkret beitragen?
(Welche Maßnahmen leitest du ein – aus deinem Fachgebiet heraus?)

5.     Was braucht es zusätzlich an ärztlicher Begleitungoder Medikation?
(Welche weiterführenden Schritte sind sinnvoll oder notwendig?)

6.     Wenn du den Notarzt verständigst: Was sind deineMaßnahmen bis zum Eintreffen?
(Wie sicherst du die Situation?)

Deine Herausforderung:

Sende deinen ausgearbeiteten Behandlungsplan als Antwort auf das Fallbeispielvor der Live Diskussion an:
📧 fragen@docmoritz.academy

➡️ Jede E-Mail wird individuell beantwortet.
➡️ Du bekommstgezieltes Feedback.

Bearbeite den Fall und sei Live dabei!

Bevor du dir den Lösungsansatz für dieses Fallbeispiel ansiehst, raten wir dir deine eigenen Ideen zuerst schriftlich festzuhalten,

Nimm dir jetzt 15-20 Minuten Zeit den Fall eigenständig zu lösen und mit deiner Lerngruppe zu diskutieren.

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Lösung des
Fallbeispiels
Lösung Fallbeispiel

Lösungsansatz

Welche Symptome & Befunde zeigt der Mensch?

Was könnten Ursachen für die Situation sein? (Arbeitshypothese)

Liegt eine akute Gefährdung vor, die sofortiges Handeln erfordert?

Was kann ich aus meiner Profession (meinem Beruf) beitragen?

Notwendige oder zu erwartende ärztliche Begleitung

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